Tonglen

Wir nehmen Zuflucht und entwickeln den Erleuchtungsgeist, Bodhicitta:

Bis zur Erleuchtung nehme ich Zuflucht zu Buddha, zum Dharma und zur höchsten Gemeinschaft.
Möge ich durch die Verdienste der Praxis von Freigebigkeit und der anderen befreienden Qualitäten zum Wohle der Wesen Buddhaschaft verwirklichen.

 

Mögen alle Wesen glücklich sein und die Ursachen des Glücks besitzen.

Mögen sie frei von Leid und dessen Ursachen sein.

Mögen sie nie von der wahren, leidfreien Freude getrennt sein.

Mögen sie bei Nah und Fern frei von Anhaften und Ablehnen in grossem Gleichmut verweilen.

Um die innere Haltung und Bewusstheit von Liebe und Mitgefühl zu entwickeln, brauchen wir eine Praxis. Das Austauschen von sich und andern in Form des Gebens und Annehmens ist dafür besonders gut geeignet. Es ist wichtig, diese formelle Praxis zusätzlich zum liebevollen und mitfühlenden Handeln im täglichen Leben zu üben. Diese Meditation hat mehrere Schritte und benutzt den Atem als Stütze.

Wir lassen den Geist sich völlig entspannen und in tiefe Ruhe hineinfinden, ohne an irgend etwas festzuhalten. Wir ruhen im Gewahrsein, dass alles, was erscheint, unser eigener Geist ist. Wir verweilen mit völlig ruhigem, friedvollem Geist im Wissen, dass alles, was in und um uns als Erscheinung auftaucht, nicht getrennt ist von uns selber. (3-5 Min.)

Auf natürliche Art richten wir unsere Achtsamkeit auf die Atembewegungen, ohne sie zu beeinflussen und ohne irgend etwas zu beabsichtigen. Wir folgen den Bewegungen des Atems, bis sie uns klar bewusst sind. (5 Min.)

Mit dem Ausatmen stellen wir uns vor, dass weisses Licht aus unserem Herzen strömt und mit allen Wesen, die das Universum füllen, verschmilzt. Dieses Licht ist Ausdruck für alle unsere Qualitäten, für unsere günstigen Umstände, für alle positive Energie, die wir seit anfangslosen Zeiten angesammelt haben. Es enthält alles, was den Wesen Freude bereiten könnte. (5 Min.)

Beim Einatmen stellen wir uns vor, dass wir das Leiden, die Unzufriedenheit und die Schwierigkeiten aller Wesen in der Form eines dunklen Nebels in unser Herz aufnehmen. All dies verschmilzt in der Offenheit unseres mitfühlenden Herzens und löst sich dort auf. Wir denken, dass wir die Wesen so von ihrem Leiden, ihrer Unzufriedenheit und ihrer Negativität, wie auch deren Ursache, befreien. Wir entwickeln grosse Freude darüber, so handeln zu können. (5-10 Min.)

Schliesslich lassen wir den Geist in völliger Offenheit verweilen, der letztendlichen Wirklichkeit, in der es keine Trennung gibt zwischen ‘Selbst’ und ‘Andern’, jenseits aller Bezugspunkte, gelöst von allen Vorstellungen einer letztendlichen Realität von Freude und Leid. Der Geist verweilt in seiner natürlichen Dimension. (5-8 Min.)

Zum Abschluss widmen wir die positive Kraft dieser Praxis dem Wohle aller Wesen:

Möge ich durch diese Verdienste die Schau aller Dinge erlangen, alle schädlichen Kräfte besiegen und sämtliche Wesen vom Ozean der Existenzen, den die Wellen von Geburt, Alter, Krankheit und Tod aufwühlen, befreien.

Nach: Gendün Rinpoche, Herzensunterweisungen eines Mahamudra Meisters